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AbschnittDiskussion: Forschungsethik und Datenethik

Diskussion: Forschungsethik und Datenethik

Folgende Kritikpunkte der Forschungsethik und der zunehmenden Formalisierung und Standardisierung ethischer Maßnahmen durch Ethikkommissionen und erforderliche Begutachtungen lassen sich festhalten:

  1. Änderungen des Forschungsdesigns, das im offen-flexiblen ethnografischen Feld oftmals angepasst werden muss, müssen nochmals eine ethische Begutachtung durchlaufen, was in einem zeitlich und finanziell begrenzten Feldaufenthalt eine Herausforderung darstellt und zu institutionalisierten Überregulierungen führen kann.
  2. Einigen Ethikkommissionen fehlt die spezifische ethnografische Expertise, um eine unklare Feldsituation von außen zu beurteilen und über sie entscheiden zu können. Auch hat sich eine Risiko-Nutzen-Abwägungsprämisse etabliert, die im Kontrast zum partizipativen Ansatz ethnografischer Forschungen steht.
  3. Anonymisierungen oder Pseudonymisierungen sind in der Ethnografie aus verschiedenen Gründen bisweilen nicht möglich und bei dezidiert zu adressierenden Themen nicht immer sinnvoll (vgl. Artikel Anonymisierung und Pseudonymisierung)
  4. Mitunter kann bei informierten Einwilligungen im Vorhinein nicht eindeutig abgesehen werden, ob Forschungsteilnehmende sich tatsächlich sämtlicher Forschungsfolgen bewusst sind, was auch nicht unbedingt überprüfbar ist (vgl. Artikel informierte Einwilligung).

Daraus lässt sich schließen, dass die angelegten Leitlinien, Reflexionsfragebögen, sowie die CARE-Prinzipien für das Forschungsdatenmanagement Orientierung geben und unterstützend sein können. Jedoch haben sie nicht für jede im Feld aufkommende ethisch herausfordernde Situation passende Antworten parat und bilden teilweise unflexible Regulierungen. Da es sich bei der Sozial- und Kulturanthropologie um eine reflexive Wissenschaft handelt, haben forschende Anthropolog*innen per se die Selbstverpflichtung sich kontinuierlich (vor, während und nach dem Forschungsprozess, sowie im Verlauf des Forschungsdatenmanagements) mit ethischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Es gilt, eigenverantwortlich, in Absprache mit erfahrenen Mentor*innen, und situationsabhängig abzuwägen und dementsprechende Entscheidungen zu treffen. Die Datenethik ist dabei stets eng an die Forschungsethik gekoppelt und die kontinuierliche Selbstreflexion sollte auch über die Forschungssituation hinaus jeden Prozess des Forschungsdatenmanagements gleichermaßen betreffen.

Nachweise in Data Affairs

Forschungsethik und Datenethik

Artikel, Lerneinheit